Im vorliegenden Fall machte die Klägerin – eine internationale Vertriebs- und Marketinggesellschaft – Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüche wegen der unberechtigten Nutzung eines Fotos im Internet geltend.
Die Klägerin lies von einer Fotografin ein Produktfoto herstellen und erwarb von ihr die ausschließlichen Nutzungsrechte. Die Klägerin verwendete dann eine bearbeitete Version dieses Fotos für Ihre Produktpräsentation im Internet.
Die Beklagte nutzte die bearbeitete Fotografie zur Präsentation ihrer eigenen Produkte bei dem Internetportal X im Zeitraum vom 26.11.2006 bis März 2008 in mindestens 400 Fällen.
Mit anwaltlichem Schreiben vom 19.03.2008 mahnte die Klägerin die Beklagte ab und forderte sie auf, eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben. Mit Schreiben vom 27.03.2008 gab der Geschäftsführer der Beklagten eine Unterlassungserklärung ab und teilte mit, dass nunmehr andere Fotos für die eigenen Produkte verwendet würden.
Mit anwaltlichem Schreiben vom 27.03.2008 nahm die Klägerin die Unterlassungserklärung des Geschäftsführers an und forderte die Beklagte auf, eine auf sie lautende Unterlassungserklärung abzugeben. Auch die Beklagte gab mit Schreiben vom 28.03.2008 eine solche Unterlassungserklärung ab.
Die Klägerin verlangt von der Beklagten Schadensersatz sowie einen Verletzerzuschlag. Zusätzlich verlangte die Klägerin die Erstattung von Anwaltskosten in Höhe von 755,80 €. Diese Ansprüche lehnte die Beklagte ab, woraufhin die Klägerin eine entsprechende Klage erhob.
Die Klägerin war der Auffassung, sie könne den Schadenersatzanspruch nach den Grundsätzen der Lizenzanalogie auf Grundlage der MFM-Bildhonorare 2008 berechnen. Vorliegend sei für eine Onlinenutzung eine Lizenzgebühr von 2.800,00 € anzusetzen. Diese Nutzungsgebühr beziehe sich auf Mehrfachnutzung bei Werbungen. Zusätzlich stünde der Klägerin ein Verletzerzuschlag in Höhe von 100 % zu, den sie im Wege der Prozessstandschaft geltend machte.
Die Beklagte vertrat die Ansicht, eine Rechtsverletzung liege nicht vor, da die Klägerin keine Rechte durch die Bearbeitung erlangt hätte. Schließlich sei nur ein Teil des Bildes genutzt worden. Die Grundsätze der MFM-Bildhonorare seien zudem nicht anwendbar, im Übrigen seien sie viel zu hoch.
Die Entscheidung des Gerichts
Das Gericht sprach der Klägerin Schadenersatz in Höhe von 5.600,00 € aus §§ 97 Abs. 1, 72 Abs. 1, 19 a UrhG zu und verwarf die Argumente der Beklagten. Zunächst stellte das Gericht eine eindeutige Rechtsverletzung durch die Beklagte fest:
„Die Klägerin ist ausschließliche Nutzungsrechtsinhaberin an der streitgegenständlichen Fotografie.“
…
Die Beklagte hat ohne die hierfür erforderlichen Nutzungsrechte die Fotografie im Rahmen ihrer Internetpräsentationen genutzt. Eine Rechtsverletzung nach § 19 a UrhG liegt vor. Danach stand der Klägerin das Recht zu, das Werk öffentlich zugänglich zu machen. In dieses Recht hat die Beklagte durch die Präsentation ihrer Produkte auf der Internetplattform X eingegriffen.“
Darüber hinaus stellte das Gericht fest, dass durch eine Bearbeitung die Lichbildnerrechte nicht erlöschen:
„Dabei ist es rechtlich unerheblich, dass die Klägerin zunächst das Lichtbild der Zeugin X bearbeitet hat. Der Klägerin stand dieses Bearbeitungsrecht zu. Im Fall einer Bearbeitung dahingehend, das ein Teil eines Lichtbildes für eine weitergehende Nutzung verändert wird, lässt dies die Lichtbildnerrechte nach § 72 Abs. 1 UrhG nicht untergehen. Die Klägerin hat lediglich einen Teil, den prägenden Teil, heraus kopiert. Diesen prägenden Teil hat die Beklagte kopiert und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Schutzgut des § 72 UrhG ist auch ein Teil einer Fotografie (vgl. Dreier/Schulze, UrhG, 3. Aufl., § 72 Rd z. 15). Dem Urheberrechtsgesetz ist keine Einschränkung dahingehend zu entnehmen, dass in einem solchen Fall der Lichtbildner oder der Nutzungsrechtsinhaber die Rechte nach § 72 UrhG verliert. Es ist auch aus dem Sinn und Zweck der Vorschrift nicht ersichtlich, aus welchen Gründen der prägende Teil der Fotografie schutzlos sein soll. In diesem Zusammenhang musste die Klägerin auch nicht erst durch die Bearbeitung im Sinne von § 3 UrhG erst ein Schutzrecht erwerben. Dies war mit der Einräumung der Nutzungsrechte der Fall.“
Sodann stellten die Richter klar, dass die Beklagte diese Rechtsverletzung auch zu vertreten habe:
„Diese Rechtsverletzung hat die Beklagte auch zu vertreten. Im gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht werden ebenso wie im Wettbewerbsrecht an die Beachtung der erforderlichen Sorgfalt strenge Anforderungen gestellt. Rechtsirrtum schließt nur dann Verschulden aus, wenn der Irrende bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt mit einer anderen Beurteilung der Gerichte nicht zu rechnen brauchte (BGH GRUR 2002, 248 – Spiegel–CD-Rom; BGH GRUR 1999, 923, Tele-Info-CD). In Zweifelsfällen, in denen sich noch keine einheitliche Rechtsprechung gebildet hat, kann nur durch das Erfordernis strenger Sorgfaltsanforderungen verhindert werden, dass das Risiko dem Verletzer zugeschoben wird (BGH, GRUR 1998, 568 – Beatles-Doppel-CD). Von einem Unternehmer ist es zu verlangen, dass er sich Kenntnis von den für seinen Untätigkeitsbereich einschlägigen Bestimmungen verschafft. In Zweifelsfällen muss er sich mit zumutbaren Anstrengungen besonders sachkundigen Rat einholen (BGH GRU R 2002, 296 – Sportwetten-Genehmigung). Diesen Anforderungen ist die Beklagte nicht gerecht geworden. Soweit sie vorträgt, sie habe die Fotografie von ihrem Warenlieferanten erhalten, führt dies nicht dazu, dass ihr gleichzeitig die Nutzungsrechte für ein öffentliches Zugänglichmachen eingeräumt worden sind. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist es nicht allgemein üblich, dass Lieferanten Produktfotos ihrer Waren ihren Kunden zum Zwecke der Verwendung der Produktbilder zu Präsentationen und des Verkaufs einräumen.“
Auch die Höhe des geltend gemachten Schadensersatzes, welcher nach den Tarifen der „MFM-Honorare“ berechnet wurde, befanden die Richter für angemessen:
„Zu Recht macht die Klägerin auch im Rahmen der Lizenzanalogie einen Schadenersatzanspruch in Höhe von 2.800,00 € geltend.
Die Höhe des Ersatzanspruches bemisst sich im Rahmen der Lizenzanalogie danach, was vernünftige Vertragsparteien als Vergütung für die vorgenommenen Benutzungshandlungen für diese vereinbart hätten. Zu ermitteln ist der objektive Wert der Benutzungsberechtigung (BGH, ZUM 2009, 225; BGH, GRUR 2006, 136 – Pressefoto). Ob der Verletzer selbst bereit gewesen wäre für seine Nutzungshandlung eine Vergütung zu zahlen, ist unerheblich (BGH, GRUR 2006, 136 – Pressefotos). Bei der Bemessung der Höhe der zu zahlenden Lizenzgebühr können auch auf branchenübliche Vergütungssätze und Tarife als Maßstab zurückgegriffen werden, wenn sich in dem entsprechenden Zeitraum eine solche Übung herausgebildet hat (BGH ZUM 2009, 225; Dreier/Schulze, UrhG, 3. Auf l., § 97 Rdz. 63).
Die Tarifgebühren nach den MFM-Honoraren stellen eine Grundlage im Rahmen der Ermessensentscheidung nach § 287 ZPO dar. Die Kammer hält die Grundlagen zur Schadensberechnung im vorliegenden Fall für angemessen (vgl. OLG Düsseldorf, G RUR-RR 2006, 393). Diese Honorartabellen spiegeln dasjenige wieder, was die Verkehrssitte zwischen Bildagentur und freien Fotografen auf der einen Seite und Nutzern auf der anderen Seite entspricht. Die Beklagte ist lediglich der Auffassung, dass die Bildhonorare nicht einschlägig sein sollten. Zur Berechnung einer niedrigeren Lizenzgebühr beruft sich die Beklagte jedoch ebenfalls auf die Honorarstrukturen. Auf welchen Tarifbetrag sich die Beklagte eingelassen haben will, ergibt sich aus ihrem Sachvortrag nicht.
Bei den Nutzungshandlungen der Beklagten, mindestens in 400 Fällen, ist auf eine pauschale Vergütung zurückzugreifen. Dies entspricht den beiderseitigen Interessen der Vertragsparteien. Grundlage einer solchen Vergütung ist der Umstand, dass der Beklagten zumindest ein bundesweites Recht an Nutzungen eingeräumt werden musste. Dabei ist auch von einem einjährigen Nutzungszeitraum auszugehen. Vorliegend geht es um den Nutzungszeitraum von 2006 bis 2008. Im Rahmen der Werbung ist ausweislich der Anlage K11 für die Onlinenutzung ein Pauschalbetrag von 2.800,00 € angesetzt. Der Einwand der Beklagten, siehabe lediglich einen möglichen Gewinn von 1.200,00 € erwirtschaftet, spielt bei der Einräumung von Nutzungsrechten nur eine untergeordnete Rolle, da die Gewinnerwartung sich noch nicht realisiert hat. Soweit die Beklagte vorträgt, es handele sich nur um eine Fotografie minderer Qualität, ist dem entgegen zu halten, dass die Beklagte diese Fotografie zumindest in 400 Fällen für die Produktpräsentation ihrer Produkte genutzt hat.“
Schließlich habe die Klägerin auch zu Recht einen Verletzerzuschlag in Höhe von 100% der Basisvergütung geltend gemacht, da die Beklagte den Lichtbildner nicht genannt habe:
„Die Klägerin verlangt zu Recht einen Zuschlag in dieser Höhe, weil es die Beklagte unterlassen hat, den Lichtbildner zu benennen. Diesem steht nach § 13 Satz 1 UrhG ein Recht zu, über seine Namensnennung zu entscheiden (OLG Düsseldorf GRUR-RR 2006, 393). Hiergegen hat die Beklagte verstoßen. Diesen Entschädigungsanspruch kann die Klägerin auch im Wege der Prozessstandschaft geltend machen. Die hierfür erforderliche Ermächtigung hat die Klägerin vorgetragen. Ihr steht auch ein schutzwürdiges Interesse zu; dabei reicht auch das wirtschaftliche Interesse aus (BGH MD 2009, 129 – Vertragsstrafe).
Hieraus ergibt sich ein Gesamtbetrag in Höhe von 5.600,00 €.“
Zuletzt habe die Beklagte auch die außergerichtlichen Anwaltskosten für die Abmahnung zu erstatten.
[Urteil des LG Düsseldorf vom 01.04.2009; Az. 12 O 277/08]