Das Oberlandesgericht Köln hat mit Beschluss vom 02.06.2017 die strafrechtliche Verurteilung eines Fotografen wegen einer unbefugten Verbreitung eines Bildnisses eines Ebola-Patienten bestätigt. Der Fotojournalist hatte sich nach Ansicht der Richter strafbar gemacht, weil er Fotos eines Krankenhauspatienten gegen dessen ausdrücklichen Willen angefertigt und an eine Redaktion weitergegeben hatte, ohne auf eine Unkenntlichmachung der Bilder hinzuwirken.
Der 1. Strafsenat des OLG Köln bestätigte die Verurteilung wegen unbefugten Verbreitens eines Bildnisses gem. §§ 33 Abs. 1 Nr. 1, 22, 23 Kunsturhebergesetz (KunstUrhG), wonach es strafbar ist Bilder ohne Einwilligung des Betroffenen zu verbreiten. Die Berichterstattung über den Umgang mit Ebolaverdachtsfällen sei zwar dem Bereich der Zeitgeschichte zuzuordnen. Allerdings sei die Weitergabe der Bilder ohne jegliche Verfremdung bzw. Unkenntlichmachung eine massive Beeinträchtigung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Patienten. Dieser sei in einer plakativen und zugleich entwürdigenden Weise als vermeintlich an Ebola Erkrankter dargestellt und für jedermann zu erkennen gewesen. Auch unter Berücksichtigung des Informationsinteresses der Öffentlichkeit an den Vorgängen im Klinikum handele es sich bei dem Vorgang um strafbares Unrecht, das nicht von der verfassungsrechtlich garantierten Pressefreiheit gedeckt gewesen sei.
Die Pressemitteilung des OLG Köln vom 05.07.2017 im Volltext:
Bilder aus dem Bereich der Zeitgeschichte dürfen nur verbreitet werden, wenn dadurch kein berechtigtes Interesse des Abgebildeten verletzt wird.
Nach dieser Vorschrift ist es strafbar, Bilder ohne Einwilligung des Betroffenen zu verbreiten. Bilder aus dem Bereich der Zeitgeschichte dürfen nur verbreitet werden, wenn dadurch kein berechtigtes Interesse des Abgebildeten verletzt wird.
Ein Fotojournalist kann sich strafbar machen, wenn er Fotos eines Krankenhauspatienten gegen dessen Willen fertigt und an eine Redaktion weitergibt, ohne auf eine Unkenntlichmachung der Bilder hinzuwirken.
In dem vom 1. Strafsenat des Oberlandesgerichts Köln entschiedenen Fall arbeitete ein Fotojournalist an einer Fernsehdokumentation über Ebola. Er bemerkte im Klinikum Aachen einen dunkelhäutigen Patienten, der von Mitarbeitern des Klinikums mit Mundschutz und Handschuhen versorgt und aufgefordert wurde, von den anderen Patienten Abstand zu halten. Der Journalist schnappte außerdem u.a. das Wort „Ebola“ auf. Daraufhin fertigte er ungefragt Fotos des Patienten und folgte diesem mit seinem Fotohandy ins Behandlungszimmer. Obwohl der Patient erklärte, dass er keine Fotos von sich wolle, obwohl die behandelnde Ärztin den Journalisten bat, die Fotos zu löschen und obwohl die Ärztin ihm mitteilte, dass sich der Ebola-Verdachtsfall nicht bestätigt habe, konnte weder diese noch die hinzugerufene Polizei den Journalisten zum Löschen der Bilder bewegen. Vielmehr bot er die Fotos zusammen mit einer inhaltlichen Information über die Vorkommnisse im Klinikum mehreren Redaktionen an. Eine Redaktion übernahm die Fotos. Dabei wurde nicht darüber gesprochen, ob der fotografierte Patient unkenntlich zu machen sei. In der Onlineausgabe der Zeitung erschien daraufhin ein ungepixeltes Foto des Patienten mit Mundschutz und Handschuhen und der Bezeichnung als „Ebola-Verdächtiger“. In der Printausgabe erschienen Bilder, bei denen der Patient teilweise unkenntlich gemacht worden war.
Das Amtsgericht hatte den Journalisten wegen unbefugten Verbreitens eines Bildnisses zu einer Geldstrafe von 25 Tagessätzen verurteilt. Auf die Berufung der Staatsawaltschaft hat das Landgericht Aachen die Strafe auf 40 Tagessätze erhöht.
Die Revision des Journalisten gegen seine Verurteilung blieb ohne Erfolg. Der 1. Strafsenat bestätigte die Verurteilung wegen unbefugten Verbreitens eines Bildnisses gem. §§ 33 Abs. 1 Nr. 1, 22, 23 Kunsturhebergesetz (KunstUrhG). Nach dieser Vorschrift ist es strafbar, Bilder ohne Einwilligung des Betroffenen zu verbreiten. Bilder aus dem Bereich der Zeitgeschichte dürfen nur verbreitet werden, wenn dadurch kein berechtigtes Interesse des Abgebildeten verletzt wird.
Der Senat hat ausgeführt, dass die Berichterstattung über den Umgang mit Ebolaverdachtsfällen zwar der Zeitgeschichte zugeordnet werden könne. Die Weitergabe der Bilddatei ohne jegliche Verfremdung bzw. Unkenntlichmachung sei aber eine massive Beeinträchtigung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Patienten. Dieser sei in einer plakativen und zugleich entwürdigenden Weise als vermeintlich an Ebola Erkrankter dargestellt und für jedermann zu erkennen gewesen. Auch unter Berücksichtigung des Informationsinteresses der Öffentlichkeit an den Vorgängen im Klinikum handele es sich bei dem Vorgang um strafbares Unrecht, das nicht von der verfassungsrechtlich garantierten Pressefreiheit gedeckt gewesen sei.
Für dieses Unrecht sei auch der Angeklagte strafrechtlich verantwortlich. Er habe bereits durch die Weitergabe des ungepixelten Bildes an die Redaktion den Straftatbestand verwirklicht. Wenn der Journalist selbst nicht in der Lage gewesen sein sollte, den Patienten auf dem Foto unkenntlich zu machen, hätte er jedenfalls nachhaltig und unmissverständlich auf die Unkenntlichmachung bzw. Verfremdung hinwirken müssen. Es entspreche nicht allgemeiner Handhabung, dass die Prüfung der rechtlichen Belange Betroffener im Zusammenhang mit Veröffentlichungen allein den Redaktionen obliege und ausschließlich dort stattfinde. Der Journalist sei als Veranlasser der Veröffentlichung und als Anbieter der Information allein in der Lage gewesen, die Umstände der Fertigung der Fotos zu beurteilen. Nur er habe gewusst, dass der Patient dem Foto widersprochen hatte. Daher sei die Weitergabe des Fotos kein rein presseinterner Vorgang gewesen, der das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen nur geringfügig beeinträchtige. Straferschwerend sei zu berücksichtigen, dass das Bild später unverpixelt in der Online-Ausgabe und nur unzureichend verpixelt in der Print-Ausgabe veröffentlicht worden sei.
Die Entscheidung ist rechtskräftig und nur mit der Verfassungsbeschwerde angreifbar.
Der Beschluss wird in Kürze im anonymisierten Volltext unter www.nrwe.de veröffentlicht.
Der Gesetzestext von § 33 KunstUrhG ist hier veröffentlicht:
https://www.gesetze-im-internet.de/kunsturhg/__33.html
Beschluss des Oberlandesgerichts Köln vom 02.06.2017, Az. III-1 RVs 93/17
Dr. Ingo Werner Pressedezernent