Langjährige Bindung eines Models in einem Agenturvertrag kann unwirksam sein
Das Oberlandesgericht Celle hat mit Urteil vom 01.04.2021, Az.: 13 U 10/20, entschieden, dass eine langjährige Bindung eines Models durch einen Agenturvertrag gegebenenfalls unwirksam sein kann.
Im vorliegenden Fall war der Agenturvertrag auf fünf Jahre befristet und er sollte sich anschließend um jeweils zwei Jahre verlängern, wenn er nicht spätestens neun Monate vor Ablauf gekündigt wird. Das Model kündigte den Vertrag nach einer Laufzeit von rund sechs Jahren und verweigerte danach weitere Zahlungen an die Agentur.
Die Klage der Agentur gegen das Model auf weitere Provisionszahlungen wurde durch das OLG Celle abgewiesen.
Der Ausschluss des Kündigungsrechts nach § 627 BGB im Agenturvertrag erklärte das Gericht für unwirksam, weil diese vorformulierte Vertragsbedingung das Model unangemessen benachteiligte. Sollten die Leistungen der Agentur nicht den Erwartungen des Models entsprechen, hätte das Model über einen langen Zeitraum keine Möglichkeit, die Agentur zu wechseln. Vor dem Hintergrund, dass gerade der Markt für Models mit zunehmendem Alter enger wird, entschied das Gericht, dass diese lange Vertragsbindung das Model unangemessen benachteiligt, so dass diese Vertragsklausel in dem hier streitgegenständlichen Agenturvertrag nach § 307 Absatz Satz 1 BGB unwirksam ist.
Die Entscheidung des OLG Celle ist durchaus nachvollziehbar. Vor dem Hintegrund dieses Urteils können Models ihre Agentur gegebenenfalls auch vor dem im Agenturvertrag vereinbarten Ende wechseln. Agenturen sollten dagegen ihre Verträge überarbeiten und diese an die Vorgaben der Rechtsprechung anpassen.
Die Pressemitteilung des OLG Celle vom 23.04.2021 im Volltext:
Langjährige Bindung eines Models an eine Agentur unwirksam
– OLG CELLE URTEILT ZU LANGJÄHRIGEN BEFRISTUNGEN IN VORFORMULIERTEN AGENTURVERTRÄGEN –
CELLE. Eine Model-Agentur schloss mit einem damals 18-jährigen Fotomodel einen sog. Agenturvertrag. Hiernach sollte die Agentur sich um die Förderung der Karriere des Models kümmern und hierfür 25 % aller Einnahmen erhalten. Der Agenturvertrag war auf fünf Jahre befristet und sollte sich anschließend um jeweils zwei Jahre verlängern, wenn er nicht spätestens neun Monate vor Ablauf gekündigt wird. Das Model kündigte den Vertrag nach einer Laufzeit von rund sechs Jahren und verweigerte danach weitere Zahlungen an die Agentur.
Das Landgericht Lüneburg hatte die Klage der Agentur abgewiesen, mit der diese eine weitere Vergütung bis zum Ende der vereinbarten Vertragslaufzeit begehrte. Mit Urteil vom 1. April 2021 hat der 13. Zivilsenat des Oberlandesgerichts die hiergegen von der Agentur eingelegte Berufung zurückgewiesen (Az.: 13 U 10/20).
Nach § 627 BGB kann ein Dienstvertrag (der kein Arbeitsvertrag ist) grundsätzlich auch ohne wichtigen Grund und ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn er auf einer besonderen Vertrauensstellung beruht und Dienste „höherer Art“ zum Inhalt hat. Diese Regelung erfasst etwa Dienstleistungen von Ärzten, Anwälten und Beratern, aber auch von Künstleragenturen. In dem vorliegenden Fall hatten die Parteien diese Regelung zwar durch die Vereinbarung von festen Vertragslaufzeiten ausgeschlossen. Dieser Ausschluss war nach Auffassung des Senats aber unwirksam, weil er in vorformulierten Vertragsbedingungen der Agentur enthalten war und das Model durch die langen Laufzeiten unangemessen benachteiligte. Die langfristige Förderung der Karriere von Künstlern könne es zwar rechtfertigen, die Kündigungsmöglichkeit für einen gewissen Zeitraum auszuschließen, weil sich Anfangsinvestitionen erst mit fortschreitender Karriereentwicklung rentierten. Sollten die Leistungen der Agentur aber nicht den Erwartungen des Models entsprechen, hätte dieses über einen langen Zeitraum faktisch keine Möglichkeit, die Agentur zu wechseln. Dies wog nach Auffassung des Senats umso schwerer, als gerade der Markt für Models mit zunehmendem Alter enger wird.